Valentin in China 2016
Von einem daoistischen Kampfkunst-Mönch in den Inneren Kampfkünsten unterrichtet zu werden und das an einem Ort, der als Ursprungsort des Tai Chi Chuan (TajiJuan) gilt, diesen Traum konnte sich Valentin Olpp aus Backnang erfüllen.
Der Student, Abitur am Max-Born-Gymnasium in Backnang, wurde von Meister Tian Liyang für 4 Monate zum Studium des Tai Chi Chuan nach China (Provinz Hubei) eingeladen. Meister Tian Liyang, in der 15. Generation Hauptvertreter der Wudang-Schule, ist ein herausragender Vertreter des Tai Chi und 2015 von unabhängigen Fachzeitschriften in China als Nummer 1 in diesem Bereich gewählt worden.
In Deutschland erlangte er durch die für ARTE produzierte Dokumentation „Der Meister von Wudangshan“ Bekanntschaft. Er zeichnet sich durch ein offenes und herzliches Wesen aus, das so gar nicht dem gängigen Klischee eines Kampfkünstlers entsprechen will. Lachen und Singen gehören bei ihm, neben einem harten, konzentrierten und gewissenhaften Training, ebenso dazu.
Trotz seiner Fitness kommt Valentin in den ersten Wochen beim Training mit den chinesischen Schülern, die dauerhaft an der Akademie wohnen, an seine körperlichen Grenzen. Bereits vor dem Frühstück steht jeden Morgen um 6 Uhr ein anstrengender Lauf auf dem Programm. Nach anfänglicher Zurückhaltung wird Valentin von den einheimischen Schülern akzeptiert und voll miteinbezogen. Das heißt aber auch, dass er nicht geschont wird. Egal ob bei Wanderungen zu den alten Klöstern im Wudang-Gebirge oder beim Kung Fu Training. Es zeigt sich schnell, dass vor allem an der Beweglichkeit gearbeitet werden muss.
Ein Kennzeichen des Tai Chi Chuan, das zu den drei inneren Kampfkünsten der Wudang-Tradition zählt, sind die weichen, harmonischen und scheinbar mühelosen Bewegungen. Um diese zu erreichen ist ein ausdauerndes und mitunter anstrengendes Üben Voraussetzung. Das bedeutet für Valentin in der ersten zwei Monaten Basisübungen, mit den immer gleichen Schritten und Bewegungen. Das zu diesem Zweck von Meister Tian weiterentwickelte System der ¨5 Schritte und 6 Bewegungen¨ erfordert sehr präzises und koordiniertes Bewegen. Jede kleinste Abweichung wird freundlich aber unnachgiebig korrigiert und immer wieder neu eingefordert.
Auf Empfehlung seines Tai Chi Lehrers in Deutschland, dem Backnanger Udo Müller (Wu-Wei-Backnang), besucht Valentin in den Trainingspausen einen bekannten Masseur der Stadt. Chinesische Massage ist keineswegs Wellness sondern zielt darauf ab, die Grenzen des Körpers auszuloten und neu auszurichten, mitunter schmerzhaft. Stets freundlich fragt der Masseur in gebrochenem Englisch, wo denn der Schmerz sitze, woraufhin dieser genau weiß, welche „Knöpfe“ er drücken muss.
Ein Höhepunkt seines Aufenthalts in China stellt die Einladung dar, an den offiziellen Festlichkeiten zur Feier des legendären Zhang Sanfeng teilzunehmen. Dieser gilt als der Begründer des Tai Chi Chuan und wird als Heiliger verehrt. Die Feier wird im Kloster von Meister Tians Lehrer begangen. Das wohl Eindrucksvollste hierbei sind die Vorführungen der Meisterschüler und der Meister selbst, die ihre Kampfkünste anlässlich des Festes in all ihren Facetten offenbaren. Dazu zählen auch unzählige Waffen wie z.B. Stock- und Schwertformen genauso wie verschiedene Faustformen, die zum großen Teil mit atemberaubender Schnelligkeit und Flexibilität vorgeführt werden. Für Valentin und drei weitere europäische Schüler bedeutet es eine große Ehre, als einer der ersten Europäer an diesen Feierlichkeiten teilnehmen zu dürfen.
Nach vier Monaten geht für Valentin eine aufregende und ereignisreiche Zeit, mit immer neuen Eindrücken zu Ende. Und getreu dem Ausspruch von Laotse ¨Wer andere besiegt, hat Kraft. Wer sich selber besiegt, ist stark¨ gilt es auch in Zukunft an dieser Stärke zu arbeiten.
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